Bildreihe, 4 Bilder, 60 x 60 cm, Acryl auf Leinwand, 2015

J. W. Goethe: „Eins und Alles“

Im Grenzenlosen sich zu finden,
Wird gern der Einzelne verschwinden,
da löst sich aller Überdruß;
Statt heißem Wünschem, wildem Wollen,
Statt läst‘gem Fordern, strengem Sollen
Sich aufzugeben ist Genuß.

 

Weltseele, komm‘ uns zu durchdringen!
Dann mit dem Weltgeist selbst zu ringen
Wird unserer Kräfte Hochberuf.
Teilnehmend führen gute Geister,
Gelinde leitend, höchste Meister,
Zu dem, der alles schafft und schuf.

 

Und umzuschaffen das Geschaffne,
Damit sich’s nicht zum Starren waffne,
Wirkt ewiges lebend’ges Tun.
Und was nicht war, nun will es werden
Zu reinen Sonnen, farbigen Erden,
In keinem Falle darf es ruhn.

 

Es soll sich regen, schaffend handeln,
Erst sich gestalten, dann verwandeln;
Nur scheinbar steht’s Momente still.
Das Ewige regt sich fort in allen:
Denn alles muss in Nichts zerfallen,
Wenn es im Sein beharren will.

 

Text: Edition Cotta Stuttgart – Tübingen, 1853, Band 1/40